Pflanzenwissen

P1010890Viele Menschen denken heutzutage vermutlich an botanische Bezeichnungen, bestimmte Inhaltsstoffe und vielleicht sogar an biochemische oder molekularbiologische Details, wenn von Pflanzenwissen oder Heilpflanzen die Rede ist.

Im pharmazeutischen Bereich werden einzelne Pflanzeninhaltsstoffe extrahiert oder auch chemisch nachgebaut (synthetisiert). Hierbei wird das Hauptaugenmerk meistens auf einzelne Inhaltsstoffe gerichtet, womit durch gezielten Einsatz von genau definierten Wirkstoffmengen ein möglichst schneller Behandlungserfolg erzielt werden soll. Wo dies nicht möglich oder sinnvoll ist, wird standardisiertes Pflanzenmaterial verwendet, wodurch wiederum sichergestellt werden soll, dass ein bestimmter Inhaltsstoff oder eine Wirkstoffkombination in ausreichender Menge darin enthalten ist.

Die Menschen nativer Kulturen oder Heilpflanzenkundige, deren Wissen oft weit in die Vergangenheit zurückreicht, nutzen hingegen zumeist die ganze Pflanze, bei der eine Vielzahl an Inhaltsstoffen zusammenwirken. Welche Pflanze bei bestimmten Beschwerden anzuwenden ist, wurde unter anderem durch das Beobachten von Tieren, z.B. Bären, und durch oftmaliges Erfahren herausgefunden. Dieses Wissen wurde mündlich und manchmal auch schriftlich weitergegeben.

Darüber hinaus sehen viele Menschen in nativen Kulturen und auch einige Heilpflanzenkundige unserer Gegend die Pflanzen als beseelt an und sind sich einig darüber, dass der respektvolle Umgang mit dem Pflanzengeist sowohl bei der Ernte als auch bei der folgenden Verarbeitung besonders wichtig ist, um seitens der Pflanze die volle Unterstützung und Heilkraft zu erhalten.

Das Finden der richtigen Pflanze kann demnach auch durch Kontaktaufnahme und Befragung des Pflanzengeistes erfolgen. Schamanen reisen dafür in Trance zu einem bestimmten Pflanzengeist oder sie bitten darum, zur richtigen Pflanze geführt zu werden. Dabei – und in Folge auch bei der Ernte und der Verarbeitung – erinnern sie die Pflanze an ihr Versprechen, dem Menschen in seiner Not zu helfen.

Pflanzen sind dem Menschen grundsätzlich freundlich gestimmt. Sie geben sich ihm als Nahrung hin, als Duft- und Heilkraut, als Werkstoff für Hütten, Häuser und Gerätschaften, als Brennstoff, Kleidung, Festschmuck und Musikinstrumente – und sie sind für ihn manchmal sogar Tore zur Anderswelt.

Pflanzen sind den Menschen schon immer heilig gewesen. Ohne sie könnten wir nicht sein. Schenken wir ihnen also beizeiten die nötige Beachtung, die sie verdienen. Vielleicht staunen wir bei unserem nächsten Spaziergang ja über eine besonders hübsche Blume oder einen mächtigen Baum? Oder wir sagen aufrichtig “Danke” bei unserer nächsten Mahlzeit?